Donner

Nun verstehe ich, warum Jugendliche so laute Musik, so unerträgliche Bässe, die den Brustkorb als Resonanzkörper brauchen, lieben: Es scheint eine Musik zu geben, die eher natürlich das gestaltet, was in uns ist- und mit uns geschieht: das Gewitter am Atlantik war solch ein Erlebnis, wie keine soundsoviel-Watt Anlage hervorzaubern kann. Es gibt möglicherweise solche Anlagen, weil ich selbst beim Anhören, Nachspüren und Weiterträumen des Donners keine körperlichen Symptome empfand, die Ähnlichkeit hatten mit bedrückendem Brustkorb-Empfinden bei künstlicher Musik. Dieses Donnern kündigte sich wie ein Leuchtturm von weither übers Meer an, rollte und stampfte her, bildete immer neue Donnerwolken, ja mir schien das Geräusch wolkenförmig sich auszubreiten nicht explosionsartig, sondern wie die großen dicken, schweren weißen Wolken, die man zeitraffermäßig beobachten kann und wo man nur staunt, wieviel Platz dort ist. Gebilde aus Rauschen, schlanken Erhebungen und immer wieder das flutartige Anschwellen, größer, mächtiger werdend, unglaubliche Gestalten der Phantasie, Geister aus Flaschen und Wölbungen aus Schall, allumfassendes Graunen, Blühen, Enststehen und vergehen, fallend und steigend in einem oder zugleich die Sinne überfordernd, Blumenkohlwolkengebilde aus Schall und hinweisend auf Eigentliches, ohne Verstärker, ohne Künstlichkeit, ursprüngliches Schöpfungsdasein, wahre Größe.