Hartholz

Esche, sagt man, sei Hartholz. Ich habe mich heute über ein Stück Esche hergemacht und versucht, das morsche nasse Zentrum eines schräg angeschnittenen Stamm-Stücks rauszubrockeln. Dabei ist mir zwar nicht der Fäustel auf den Daumen gedonnert,  aber das Stecheisen, mit dem ich jedesmal neu umzugehen lerne, aus der Halterung gerutscht. Auf der Wiese, als Unterlage den schweren, dicken Stamm, der noch ins Sägewek muss, dort habe ich mit erst zaghaften, kleinen Schlägen schon mehr als die Hälfte geschafft. Jetzt hab ich mehr Durchblick. Nachdem das Loch aus dem Stück erstmal rausgebrochen war, dachte ich, geht's leichter und wird vielleicht sogar locker durchzuschieben sein- dieser Rest an morschem Material, zu nichts mehr nütze, noch nicht mal zum Verbrennen. Es wird weiter zerfressen werden von all den kleinen Tierchen, deren Zuhause ich durch das Fällen des Baumes erst mal gründlich durcheinander gebracht habe. Sie werden  mir verzeihen, weil ich ja ein gut Stück ihrer Arbeit mache; kleinholzen. Ich habe bei dieser Arbeit festgestellt, dass es nicht so schwierig ist, erst mal ein Loch zu machen, wie es ist, dann einmal an den Rand zu kommen, dorthin, wo die beiden Welten aneinanderstoßen, sich organisch zwar durchdringen, sich nie vermischen, aber auf alle Fälle nicht mehr gerade abzuschlagen sind, wie ich es bis dahin gewohnt war, abzuschlagen.
Die Ränder sind das Problem. Bin ich mittendrin in der einen Seite: kein Problem. Bin ich mittendrin in der andern Seite auch kein Problem.
Aber diese Rundungen, wachsende Schwellkörper, mitten im Stamm, Auswüchse wie riesige Perlen, zarte Haut an den Übergängen: wehe zu verletzen; als Hauch beginnend und dann aufbrausend zu stattlicher Größe, hineinragend in die Umgebung, dort ganz gesund, stattlich und frisch. Mein Ziel ist, das Morsche völlig zu entfernen um dann die ganze Pracht, die Schönheit, die Vollkommenheit jener Anpassung, die über Jahre und Jahrzehnte stattgefunden haben mag, hervorzuholen, zum Glänzen zu bringen und vielleicht zum Klingen.
Holz in manchen Formen klingt ganz gut. Ich will noch wissen, ob dies Stück den ihm gemäßen Ton hervorzubringen auch im Stande ist, nachdem es mir so viel Gefühl vermittelt hat.
Ich habe vor etwa fünfzehn Jahren - oder ist es länger her - schon einmal ein Stück von solchem Baum, ein Ring mit einer dicken Seite, bearbeitet und dann in die dicke Seite Taschen reingesägt. Dann baute ich noch Saiten drauf, eine Art Lyra wurde das. Nein, die Taschen waren nicht sauber zu kriegen, Klang hat sich nicht so schön entwickelt wie ich dachte, und dann ist einer der drei Stege zwischen den Taschen auch noch gebrochen und das Instrument fing an zu scheppern. Das hab ich dann aufgegeben, noch liegt es irgendwo rum und döst vor sich hin, die Saiten längst gerissen.