Rücken

Es ist wieder soweit: mein Rücken zeigt Grenzen der Belastbarkeit: wahrscheinlich war's wieder mal psychogen- eine Bewegung, das gleichzeitige Tragen von drei kleinen Mülleimern, ein kalter Luftzug in der Garage, eine ungewohnte Drehung und das Anheben des Kopfes um einen Neujahrsgruß des Getränkehändlers zu erwidern: das reichte. Wo versteckt sich bloß die Hexe? Und warum zaubert sie nicht sondern schießt gleich von irgendwo her aus dem Gebüsch, oder von hinter einer Kellertreppe? Einer der früheren Röntgenärzte fragte anlässlich eines entsprechenden Besuches und der Anamnese-Frage, was ich denn beruflich so alles hinter mir hätte- und wollte nicht glauben, dass ich ein Schreibtischtäter sei- bis ich ihm sagte, es seien schon eine ganze Menge Zementsäcke und Baumaterial und dann auch noch insgesamt vier geschulterte Kinder gewesen, die sich an meinem Rücken zu schaffen gemacht hätten. Nicht dass ich Schuldzuweisungen ausspreche: nein, es war not-wendig. Einer inneren Not gehorchend. Aufgaben müssen geschultert werden, sonst bleiben sie liegen und ehrlich, wenn ichs nicht so getan hätte, was wohl wäre bei rausgekommen? Ich bin mir so mancher selbstverschulterten Überlastung bewusst. Und hinter allem steht immer die Erkenntnis, dass es kaum etwas gibt, was nicht mit dem jeweiligen Seelenzustand zu tun hätte: Rückgrat haben zum Beispiel. Und warum gerade jetzt? Die Seelenzustände haben andere Uhren. Sie passen sich nicht den Errungenschaften von Microsoft und outlook an, sondern kommen wie Träume zu den ungewöhnlichsten Zeiten: Heute früh noch die erste Wahrnehmung, Tannennadeln, die vergilben und immer heller werden aber nicht abfallen sondern das Morgensonnenlicht verkünden- wie die Posaunen der Engel oder die Beatles mit "Here comes the sun". Dann die Hektik der Pflichten und die Rache der Götter- Warum bist Du nicht genau in der Stimmung geblieben, die sich so engelsgleich angekündigt hat, die Glücksgefühle über gemeinsame Interpretation von Vertrautheit und Engelsposaunen, die etwas verkünden wollen und dann schweigen, vor Schmerz schweigen. Mir tut nur der Rücken weh. - Ich glaube es war Paul Klee der mal eine Strichzeichnung gemacht hat, zwei Männer, einander in höherer Stellung vermutend, sich begegnend. Gebeugte Rücken, katzbuckelnde schleimende, kriechende Wesen. Nein: So ist es nicht bei mir. Es ist nicht strategisch, dieser Schmerz im Rücken: er ist einfach wieder da (wie all die Jahre vorher, zu Unzeit, immer aber im Winter).