Der Prozess des Aufstehens alleine, die langsame Streckung des einen und
Dehnung oder Beugung des andern Muskelstranges neben der Wirbelsäule, diese
Bewegung kann nur, wenn sie von jemandem unterstützt wird, der mehr tut als
nur Halt zu geben, weh tun in dieser Situation.
Tausende kleiner Muskelfasern sind daran beteiligt es geht um Möglichkeiten
der Bewegung von hundertstel Millimetern. Dann aber, dann kommt eine Grenze,
die sofort und unendlich schmerzhaft überschritten wird, so schmerzhaft, dass
das Sich Fallen Lassen noch als die sinnvollste Alternative erscheint.
Platsch. Auf den Boden. Da hilft schon lange kein Handauflegen mehr.
Liebgewordene Kopfhaltungen, typische Handbewegungen, Ein Glas vom Couchtisch
mit in die Küche nehmen wollen- Nein, ein einziger Sessel schreit nach
Besetztwerden und da bleibt der kränkelnde Rücken, angewärmt vom
Rosmarin-Kissen aus der Microwelle dann liegen oder hängen- schmerzfrei, wie
ich hoffe: das Angewinkelte Sitzen am PC macht Verkrampfung und dauert nur
länger. Schonhaltung nennen das die Fachleute: Gottgesegnete, wenn es die
nicht gäbe würde ich nur noch jammern. So, wie es jetzt gerade ist, jammert
nur die Tastatur und entlässt mich nicht ohne die vage Hoffnung, binnen
weniger Tage schmerzfrei zu sein. Eigentlich wollte ich eine präzisere
Ortsbeschreibung der beteiligten Muskelgruppen, ohne gar deren Namen zu
kennen, geben, aber es gelingt mir nicht.
Ich habe alte Drahtseile auf dem Speicher liegen, sie stammen von der
Mechanik eines Greif-Motors für einen Heu - Greifer, unter dem First an einer
langen Schiene, der die Heuballen von unten, durch ein Loch im Speicher -
Boden, vom Heuwagen auf der Deele, aufhob und über die ganze Länge des
Speichers verteilen konnte. Diese Reste von Drahtseil habe ich vor langer
Zeit hin und wieder benutzt, zum Beispiel um Sparren festzuzurren, wenn der
Wind allzu stark unter das Dach griff und die Sparren anfingen, sich zu
bewegen und zu ächzen. Das ging nur mit Handschuhen. Die gedrehten Drahtseile
waren im Laufe der Zeit nicht nur rostig geworden sondern stellenweise auch
brüchig, da schaute hier und da ein spitzes Stück feiner Draht hervor, stach
durch den Handschuh und machte mir das Leben schwer.
So scheinen die Nerven- und Muskelstränge in meinem Rücken im Moment zu sein,
dabei sind zahlreiche spitze Stellen an den Nervenbahnen: sie schauen hervor,
reiben sich dann und wann an einem Knöchelchen oder auch nur an den intakten
anderen Nervenbahnen.
Es ist ein Gewirr von Drähten, die meisten sind wohl intakt, weil ich sonst
wie ein kaputter Luftballon meine aufrechte Form verlieren würde, was mir
gestern wirklich geschah: im "einen Fuß vor den andern Setzen" hatte eine
dieser Nervenspitzen derart in den Ablauf der Bewegung eingegriffen, dass ich
vornüber kippte und keine Chance sah, mich irgendwie aufrecht zu halten. Da
lag ich nun, beantwortete die Frage nach einem Krankenwagen wahrheitsgemäß
mit "Nein, nicht nötig" und wartete bis ich durch seitliches Abrollen und
Aufknien wieder mühsam in Form kam. Geschlafen habe ich dann gut diese Nacht.
Aber heute früh war es nicht etwa vorbei. Ich weiß von zahlreichen früheren
Begebenheiten ähnlicher Art, wie gut mir das warme Wasser der Dusche tut. Ich
vergaß, dass der Prozess des Abtrocknens seinerseits öfters schon zum Auslöser
der ganzen Geschichte geworden war. Fröhlich, angesichts der wohligen
Körpergefühle tappte ich wieder in diese Falle.
Nein, es ist kein Dauerschmerz, wohldosiert kommt er nur bei Änderungen, den
winzigsten bisweilen. Ich mache folgende Rechnung auf: Zum Arzt fahren (eher
schmerzhafter Transport) und eine Spritze bekommen macht ca. 1 Stunde, dann
wirkt die Spritze mehrere Stunden. Und dann kommt's wieder . Es geht erst weg,
wenn ich lange genug in üblicher Haltung, psychisch gelassen und gefestigt,
gelaufen bin. Spazierengehen, erst in der Wohnung, ist die einzige
Möglichkeit der Heilung. Ich könnte also gut zwei Stunden Laufen und hätte
dann die gleiche Heilungschance wie mit zwei Spritzen: werden sehen ob's geht
- ob ich gehe. Ich gehe jetzt los!