Zwei Großväter

Wenn er sich rein ethnographisch betrachtete, wurde er traurig und konnte sich nur noch am Leben halten, weil er ein Enkelchen bekommen sollte.  Dieses Motiv neuen Mutes würde international, auch bei Urvölkern gelten. Insofern brauchte er sich nicht mehr anzustrengen, Großväter strengen sich nur noch zum Spaß an.

Er hatte zwei Großväter gehabt. Einen, der Strenge ausstrahlte und einen der Liebe verbreitete.

Und die beiden Großmütter waren auch sehr unterschiedlich, eine Trümmerfrau mit randvoller Leidensgeschichte einschließlich der Angst um einen behinderten Sohn, der von den Nazis als unwertes Leben bezeichnet und gefährdet war. Und die andere eine Tochter aus bürgerlichem Haus mit Geld und standesgemäßem Mann – dem strengen Juristen.

Hier geht’s  jetzt um die Großväter. Der liebe Opa, Arbeiter, Betriebsrat, Malocher auch am Wochenende- für die Rasenkantensteine wurde Beton gemischt, gestampft und in Schnapp-Formen getrocknet, die Rosen hätten jeden Preis bekommen können, nein auch Weintrauben mussten her und das Spalierobst stand stramm, die Gülle auf den Erdbeerpflänzchen, weil Plumpsklo musste ja geleert werden: Er hatte sein Haus gebaut, noch während des Krieges, in dem er bis kurz vor dem Ende wegen  Alters uniformlos geblieben war, einfach im von der Stadt gepachteten Garten, weil ausgebombt war ausgebombt. Zu den Nachbarn in der Schrebergartenkolonie gab’s ein herzliches Verhältnis, viele Gespräche über den Zaun, von denen der jüngste Enkel nur wenig mitbekam, inhaltlich aber alles verstand, beziehungsmäßig.

Zur gleichen Zeit hatte der andere Großvater auch einen Garten und hackte, pflanzte und erntete. Aber in jenem Garten gab’s Stress mit den Nachbarn, mal wegen überhängendem Obst mal wegen schattenwerfenden Sträuchern. Es gab einen gummibereiften Karren als Fahrradanhänger, mit dem konnte man herrlich durch den großen Vordergarten, der verschlungene Wege und ein Teehäuschen hatte, fahren, vorausgesetzt der Bruder war willig zu schieben. Herzliche Gespräche oder gar Lachen über den Zaun hat der jüngste Enkel dort nicht erlebt. Wenn er sich heute die Situationen zurückholte war ihm sofort klar, wo er lieber von abstammen wollte. Die Warze an der Falte oberhalb des Mundes, mit der er als Kind spielen durfte, dazu musste er auf dem Schoß sitzen und körperliche Nähe spüren.  Beim andern Großvater erinnerte er sich immer an die schlanken, altersgefleckten Hände, solche die drohten, zuzupacken, zu strafen? Vielleicht tat er ihm Unrecht.